Der Eiweissbedarf

Um den Eiweissbedarf des Menschen zu bestimmen, müssen wir vorher noch die biologische Wertigkeit von Eiweiss besprechen. Wie wird sie bestimmt und was bedeutet dies für uns.

Die biologische Wertigkeit ist eine Methode um die Qualität von Eiweiss von Lebensmitteln zu bewerten. Jedes Nahrungseiweiss hat ein eigenes Profil von Aminosäuren. Manches ist davon günstig für uns, manches eher nicht.

Als Massstab für die biologische Wertigkeit, dient im deutschsprachigen Raum, das Eiweiss des Hühnereis. In genau diesem Eiweiss sind alle unentbehrlichen Aminosäuren in einem sehr günstigen Verhältnis vorhanden und können fast komplett in körpereigenes Eiweiss umgebaut werden – so ist die biologische Wertigkeit vom Hühnerei 100. Demnach können nun andere Lebensmittel nach diesem Referenzwert gemessen werden.

Lebensmittel Biologische Wertigkeit
Molkenprotein104
Hühnerei100
Soja96
Thunfisch92
Sojamilch91
Buchweizen90
Milch88
Edamer Käse85
Quinoa83
Reis83
Kartoffeln76
Roggenmehl76-83
Rindfleisch80
Casein76
Bohnen72
Hafer60
Linsen60
Weizenmehl56-59
Quelle: Wikipedia

Nun mit jeder Mahlzeit einer gemischten Ernährung werden viele Lebensmittel zusammen aufgenommen und so können sich die Aminosäuren der verschiedenen Nahrungseiweisse hervorragend miteinander ergänzen. Dabei können sich tierische Eiweisse und pflanzliche Eiweisse besonders gut gegenseitig aufwerten. So ist in der Regel eine hohe biologische Wertigkeit von über 100 stets gegeben. Werte über 100 kommen dadurch zustande, weil vorhandene Aminosäuren besser genutzt werden können und nicht abhanden kommen. Das Kartoffeleiweiss hat zum Beispiel einen hohen Ergänzungswert. Wird nun Fleisch oder Milchprodukte mit einer Portion Kartoffen verzehrt, so lässt sich dadurch eine biologische Wertigkeit von 116 erreichen. Die höchstmögliche biologische Wertigkeit von 136 erreicht man durch die Kombination von Hühnerei und Kartoffeln. Aber dazu muss man auf ein Hühnerei, was grade mal 60g wiegt, ganze 600g Kartoffeln Verspeisen um ein optimales Verhältnis zu erreichen. Man hatte früher Patienten mit Leber- oder Nierenproblemen oft mit einer Kartoffel – Ei – Diät behandelt. Heute sind in der Diättherapie hochwertige Proteinpulver in der Lage den Betroffenen das Leben zu erleichtern. Es wird um so weniger Eiweissmenge benötigt, um den Eiweissbedarf eines Menschen zu decken, umso höher die biologische Wertigkeit beziehungsweise die Qualität eines Eiweisses ist.

Bei einer abwechslungsreichen und normalen Ernährung, die viele verschiedene Lebensmittel enthält – wie Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte, Getreide, Hülsenfrüchte und Kartoffeln, sollte man sich keine grossen Sorgen bereiten um die Eiweissqualität der Ernährung.

Aber Menschen, die sich rein pflanzlich ernähren – also vegan und somit komplett auf tierische Lebensmittel verzichten, sollten Acht auf ihre Eiweissversorgung geben. Wird die vegane Ernährung sehr einseitig praktiziert, so bietet sie auch nur eine mittelmässige Eiweissqualität und eine unzureichende Eiweissmenge. Von daher lautet nur all zu oft – Veganer esst besonders viele Hülsenfrüchte. Bohnen, Linsen und Erbsen sind nicht nur selbst hervorragende Eiweisslieferanten, nein sie ergänzen sich auch prima mit dem Getreideeiweiss. Die Hülsenfrüchte enthalten die Aminosäure Lysin, die im Getreide oftmals zu kurz kommt. Das Getreide liefert dafür die Amonisäure Methionin, welches aber bei den Hülsenfrüchten zu wenig vorhanden ist. Isst man beides zusammen, so lässt sich recht einfach eine biologische Wertigkeit von gut 100 erreichen.

Der Eiweissbedarf des Menschen

Der wichtigste Grundbaustoff des Körpers ist das Eiweiss. Wir fühlen uns auch erst wirklich richtig satt wenn der Bedarf an Eiweiss gedeckt ist, darum haben wir auch einen grossen Appetit auf Eiweiss. Und genau dies besagen auch viele Studien oder Experimente.

Man könnte an sich selbst ein Versuch starten. Man führt ein Ernährungstagebuch, wo genau protokolliert wird was, wieviel, von was gegessen wird. So schaut man nach ob man sein Kalorienbedarf deckt. Man wird feststellen, das man bei einer eiweissreichen Kost viel weniger isst bis man satt ist und ein Drittel weniger Kalorien aufnimmt. Isst man nun aber eher eiweissarm, so isst man viel mehr bis man satt ist und man nimmt auch eher mehr Engie zu sich als wirklich benötigt wird. Aber bei beiden Versuchen wird man in etwa den gleichen Eiweissbedarf gedeckt haben. Also ist ein Fazit, man isst so lange bis der persönliche Eiweissbedarf gedeckt ist.

Und genau dies kann ein weiterer Grund dafür sein, das sich heutzutage so viele Menschen überernähren. Isst man zum Frühstück ein Buttercroissant mit Honig und trinkt noch Glas Orangensaft dazu, so wird man eine Menge Energie in Form von Kohlenhydraten und Fetten aufnehmen, aber der Eiweissgehalt ist dabei verschwindend klein. So wird man auch nicht in echt satt sein und nach so einem Frühstück bekommt man dann auch sehr schnell wieder Hunger. Also ist es auch hier wieder die zu geringe Eiweissaufnahme regt uns an schneller wieder etwas zu essen. Genau dies ist auch der Grund warum Diäten oftmals zum Scheitern verurteilt sind – wenn man sich nicht um eine ausreichende Eiweisszufuhr kümmert.

Der Grundbedarf an Eiweiss

Der tägliche Verlust an Eiweiss – das ist der Grundbedarf, der ersetzt werden muss. Im Stoffwechsel geht Eiweiss unter anderem verloren, wenn Aminosäuren zu Energie verbrannt wird. Nun kann man den Stickstoffgehalt im Urin messen um zu bestimmen wieviel Eiweiss im Stoffwechsel abgebaut wurde. Auch kann der Eiweissverlust im Darm gemessen werden, in dem man den Stickstoffgehalt in den Darmausscheidungen misst.

In ernährungswissenschaftlichen Untersuchungen wurden Teilnehmer für eine Zeit lang auf. Eine eiweissfreie Kost gesetzt, um so zu klären, wie viel Eiweiss im Körper verloren geht und das unabhängig von den zugefügten Lebensmitteln. Es kam dabei heraus, das ein 70 kg schwerer Mensch um die 25 g Eiweiss am Tag verlor. So kann man nun berechnen, das man nun zirka 0,3 g Eiweiss pro kg Körpergewicht verliert und man diese ersetzen muss. Nun stellt dies aber noch lange keine Verzehrempfehlung dar. Wenn man zum Beispiel 10 g Eiweiss aufnimmt, bedeutet dies nicht das die 10 g Eiweiss auch im Körper ankommen und verwertet werden können. 10 % Verdauungsverluste muss man mit einbeziehen und dann kommt noch die biologische Wertigkeit der zugefügten Lebensmittel dazu. Auf die 0,3 g Eiweiss pro kg Körpergewicht rechnet man im allgemeinen einen Sicherheitszuschlag von 0,5 g dazu. So erreicht man eine allgemeine Verzehrempfehlung von Eiweiss von 0,8 g pro kg Körpergewicht.

Der Eiweissbedarf wird in einer normalen und gewöhnlichen Ernährung, wie sie in Deutschland praktiziert wird, problemlos Gedeckt. In Deutschland liegt die durchschnittliche Menge von Eiweiss welches aufgenommen wird bei Frauen bei 65 g und bei Männern bei 85 g Eiweiss pro kg Körpergewicht. Wenn man nun einen normalgewichtigen Menschen als Beispiel heranzieht, der 70 kg schwer ist so benötigt dieser grade mal 56 g Eiweiss. So denke ich, kann man einen echten Eiweissmangel so gut wie ausschliessen. Wahrscheinlicher ist eine allgemeine Mangelernährung, die durch Krankheiten, Alkoholismus, Magersucht oder einer sehr extremen einseitigen Ernährungsweise zu einem Eiweissmangel in Deutschland führen kann.

Es gibt aber auch Situationen wo ein Mehrbedarf an Eiweiss herrscht. Kinder und Jugendliche im Wachstum bauen neue Körpermasse auf und benötigen dort auch mehr Eiweiss. Eine Verzehrempfehlung bei Kinder und Jugendlichen wäre 0,9 bis 1,0 g Eiweiss pro kg Körpergewicht. Frauen in der Schwangerschaft und in der Stillzeit haben einen erhöhten Eiweissbedarf. In der Schwangerschaft, wenn sich das Kind entwickelt steigt der Bedarf an Eiweiss um rund 10 g Eiweiss und in der Stillzeit für die Bildung der Muttermilch um rund 15 g Eiweiss mehr am Tag.

Der Eiweissbedarf im Ausdauersport ist natürlich auch viel höher als bei jemanden der sich nur wenig bewegt. Der Marathonläufer läuft rund eine Strecke von 42 km und benötigt dafür im Durchschnitt rund vier bis fünf Stunden. Die Glykogenspeicher in den Muskeln werden gut oder sogar komplett erschöpft sein und dann wird die Glucose als Energieträger knapp. Die Glucose wird nicht nur als Energielieferant benötigt, sondern auch im gesamten Energiestoffwechsel. Wenn aus Fettsäuren Energie gewonnen wird, so wird Glucose benötigt.

Der Zitronensäure-Zyklus (Citrat-Zyklus): Beim Abbau der Fettsäuren (β-Oxidation) entsteht aktivierte Essigsäure (Acetyl-CoA). Die aktivierte Essigsäure verbindet sich mit Oxalessigsäure (Oxalacetat) zu Zitronensäure (Citrat). Erst jetzt kann der Zitronensäure-Zyklus stattfinden. Oxalessigsäure entsteht hauptsächlich aus der Brenztraubensäure (Pyruvat), welche wiederum aus dem Abbau des Traubenzuckers (Glykolyse) anfällt. Ein alter Spruch in der Ernährungswissenschaft lautet: Die Fette brennen im Feuer der Kohlenhydrate. Dies gilt aber nur bei körperlicher Anstrengung, nicht im normalen Energiestoffwechsel.

Nun ist die Leber in der Lage neue Glucose aus Aminosäuren zu bilden – die Gluconeogenese – die Traubenzuckerneubildung. Die Aminosäuren können die Glucose an vielen Stellen im Energiestoffwechsel ersetzen.

Bei einer langen und intensiven Ausdauerleistung, wo die Glykogenspeicher in den Muskeln erschöpft werden, wird also insgesamt viel mehr Eiweiss im Energiestoffwechsel verbraucht. Bei diesem Marathonlauf wäre es zum Beispiel 20 g Eiweiss, welcher wiederum durch die Lebensmittel der Ernährung ausgeglichen werden muss. So wird offiziell Ausdauerathleten die Leistungssport betreiben ein Eiweissbedarf von 1,2 bis 1,4 g Eiweiss pro kg Körpergewicht empfohlen.

Eine Ernährung mit viel Eiweiss, hat sich auch im Kraftsport bewährt und fördert den Muskelaufbau, die Regeneration und die Leistungsfähigkeit. Der Eiweissbedarf für Kraftsportler beträgt offiziell 1,6 g Eiweiss pro kg Körpergewicht. Es führt in den meisten Fällen zu keinen Vorteilen wenn der Eiweissbedarf über 2,0 g Eiweiss pro Körpergewicht, weder am Muskelaufbau, noch für die Leistungsfähigkeit. Häufig wird der Eiweissbedarf für den Muskelaufbau ordentlich unterschätzt. Für den Aufbau von 1 kg Muskelmasse in einem Monat wird 220 g zusätzliches Eiweiss als Baumaterial benötigt, weil das Muskelgewebe rund 22 % Eiweissanteil besitzt. Auf den Monat umgerechnet bedeutet dies einen täglichen Mehrbedarf von 7 g Eiweiss, welches in den Muskeln tatsächlich dauerhaft verbaut wird. Eiweiss was zu viel mit der Nahrung aufgenommen wird, kann vom Körper nicht gespeichert werden und wird daher zu Energie verbrannt. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Eiweissquelle ein teures Proteinpulver oder Ein viel günstigerer Quark ist.

Für die reine Deckung des Eiweissbedarf sind Eiweisssupplemente unnötig, jedoch können sie den Eiweissstoffwechsel in der Muskulatur günstig beeinflussen und so Vorteile beim Muskelaufbau bringen. Whey – Protein ist bei Kraftsporten sehr beliebt. Whey ist das Molkeeiweiss der Kuhmilch und es besitzt eine sehr hohe biologische Wertigkeit und hat somit ein günstiges Aminosäureprofil für den Muskelaufbau. Auch besitzt das Whey eine sehr schnelle Verdaulichkeit, wodurch es rasch ins Blut gelangt und dort die Anzahl der wichtigen Aminosäuren ansteigen lässt. In der Muskulatur wird der Eiweissstoffwechsel stärker angeregt und Eiweiss wird in den Muskeln besser neugebildet. Eine optimale Dosierung von Whey – Protein liegt bei 20 bis 30 g pro Shake, welcher sehr zeitnah nach der Trainingseinheit zu sich genommen werden sollte. Bei höheren Mengen würde dagegen eher die Gluconeogenese aus den wertvollen Aminosäure angeregt werden. So ein Whey – Proteinshake sollte fettarm sein, damit die Magenentleerung nicht verzögert wird und das Eiweiss schnell in den Darm gelangt. Kohlenhydrate währen auch gut wenn sie in dem Shake enthalten wären – Bananen zum Beispiel – entweder zwei direkt nach dem Shake essen oder mit in den Mixer geben. Somit wird vor allem die Umwandlung von Eiweiss in Glucose verhindert, die Glykogenspeicher werden aufgefüllt und es wirkt sich günstig auf das Hormonprofil aus. Auch wirkt sich eine hohe Eiweisszufuhr positiv auf die Leistungsfähigkeit und den Muskelaufbau aus, was an den essenziellen Aminosäure liegt, die aktiven in hohen Maße die wichtigsten Wachstumsfaktoren im Körper, wie IGF-1 und mTor.

Der Botenstoff IGF-1 – Insulin-like growth factor – ist der wohl stärkste Wachstumsfaktor. Er wird in der Leber gebildet und in das Blut ausgeschüttet, von wo aus er zu den Zellen gelangen kann. Dort stimuliert er allgemeines Zellwachstum und hat eine leistungssteigernde Wirkung. IGF-1 sorgt insbesondere für verstärkten Muskelaufbau und fördert Erholungs- und Reparaturprozesse in den Muskeln (zum Beispiel nach einer harten Trainingseinheit). Im Fettgewebe begünstigt es sogar den Fettabbau. Darüber hinaus spielt IGF-1 auch für das Gehirn und die Nerven eine wichtige Rolle: Es schützt die Nervenzellen vor dem Absterben (neuroprotektive Wirkung) und regt sogar deren Neubildung an (Neurogenese). Im Alter sinkt der IGF-1-Spiegel eines Menschen deutlich ab, womit der alterstypische Verlust von Muskel- und Nervenmasse einhergeht.

Der Eiweißstoff mTOR – mechanistic target of rapamycin – ist seit seiner Entdeckung ein ganz wichtiges Thema in der Ernährungsforschung. Er übernimmt sozusagen die Aufgabe des Bauleiters in jeder Zelle. Nur wenn genügend Energie und essenzielle Aminosäuren zur Verfügung stehen, gibt mTOR der Zelle grünes Licht, damit diese wachsen und sich entwickeln darf. Daher wird mTOR auch besonders stark durch die Aufnahme von tierischen Eiweißen angeregt und kann dann auch die Proteinsynthese in den Muskeln kräftig ankurbeln.

Die besten Resultate beim Muskelaufbau bringen eine grosse Zufuhr von hochwertigen Eiweiss in Form von eiweissreichen Lebensmitteln und Proteinsupplementen. Mit einer hohen Mahlzeitenfrequenz wird das Angebot an essenziellen Aminosäuren ständig aufrecht erhalten. Gleichzeitig sorgt man für eine ausreichende Kohlenhydratzufuhr, wo die Umwandlung von Eiweiss in Glucose verhindert und ein leichter Kalorienüberschuss wird angestrebt. Man schafft so, aus Sicht der Wachstumsfaktoren, optimale Bedingungen für den Muskelaufbau, darum geht es ja primär beim Bodybuilding. IGF-1 gehört zu den anabolsten Stoffen, die man kennt, weshalb man es im Profi – Bodybuilding auch als Dopingmittel missbraucht.

Kommentar verfassen